31.01.2023

Das Kalenderjahr 2022 begann bei uns in Sachen Immobilienverkauf äusserst ruhig im Vergleich zu den Corona-Jahren 2020 und 2021. Besonders auffällig waren die wenigen Beratungsanfragen potenzieller Verkäuferinnen und Verkäufer. Bis in die Sommermonate hatte sich die Situation leicht verbessert und heute bewegen wir uns bei der Anzahl Handänderungen (realisierte Verkäufe) wieder auf Vor-Corona-Niveau.

Die Angebotsmenge erhöhte sich im Herbst minimal. Interessant dabei ist, dass sich die Nachfrage-Seite verändert hat. Die Anzahl an Kaufinteressenten ist zwar immer noch hoch, aber die Preisbereitschaft hat merklich abgenommen.

In einem meiner letzten Blogbeiträge bin ich davon ausgegangen, dass die Ferienwohnungspreise nicht sinken würden. Diese Meinung vertrete ich weiterhin. Kaufinteressierte sind zwar nicht mehr bereit, absolute Höchstpreise zu bezahlen, zu «marktfähigen» Preisen wird aber weiterhin investiert. Ein «marktfähiger» Preis definiert sich wie immer durch die Lage und den Zustand der Immobilie. In Lenzerheide sehen wir derzeit eine Preisspanne von CHF 11'000.– bis 20'000.– pro Quadratmeter, was die Volatilität des Marktes aufzeigt. Um den «richtigen» und marktfähigen Preis zu finden, braucht es Erfahrung, Wissen über die aktuelle Marktlage und vor allem eine gewisse Anzahl selbst begleiteter Transaktionen.

Aktuell beobachten wir, dass sich Verkäufer und auswärtige Makler bzw. Maklerbüros mit kleiner Transaktionserfahrung schwertun bei der Preisfestlegung in unserer Region. Ihnen fehlen dazu wesentliche Informationen. Sie erinnern sich nur an einen Preis, den sie vor Wochen oder Monaten im Internet für eine – in ihren Augen – vergleichbare Wohnung gesehen haben. Wir erleben aber seit letztem Winter eine Inflation, Zinserhöhungen und massiv höhere Betriebskosten von Immobilien. Ungeübte Verkäufer und Makler blenden diesen Umstand aus. Für Käufer ist er aber zentral, denn er verteuert die Immobilie temporär – unabhängig des Kaufpreises.

 

Das klassische Timing-Problem

Hinzu kommt ein klassisches Timing-Problem. Als der Corona-Boom einsetzte, warteten viele Eigentümer und auswärtige Maklerbüros zu lange mit Preiserhöhungen. Nun brauchen sie zu lange, um die Verkäufe mit realistischen Marktpreisen zu planen.

Ich gebe Ihnen zwei Beispiele:

Kürzlich war eine 3,5-Zimmer-Wohnung von einem kleinen Ostschweizer Maklerbüro für 1,75 Mio. Franken ausgeschrieben: Baujahr 1974, rund 80 m2 Wohnfläche, an Zentrumslage in Lenzerheide, ohne massgebliche Renovationen. In Savognin hat ein renommiertes, weltweit tätiges Maklerbüro einer Verkäuferin für eine 2,5-Zimmer-Wohnung einen Verkaufspreis von über CHF 400'000.– empfohlen: ebenfalls Baujahr 1974, rund 50 m2 Wohnfläche, Interieur noch im Originalzustand.

Für die erste Wohnung ergibt sich ein Quadratmeterpreis von fast 22'000 und für jene in Savognin von ca. 8'500 Franken. Nach uns liegt ein sportlicher Marktpreis für die Wohnung in Lenzerheide bei 13'500 bis 15'000 Franken pro m2 und für die Wohnung in Savognin bei 6'000 bis 6'500 Franken. Die Wohnungen befinden sich zwar nicht mehr auf den Verkaufsplattformen, uns ist aber bekannt, dass keine der beiden verkauft werden konnte.


Neue Marktsituation

Die heutige Marktsituation entspricht nicht mehr derjenigen vom Winter 2022. Wer aktuell eine Immobilie im Feriengebiet verkaufen will, muss diesen Umstand akzeptieren und berücksichtigen. Jetzt noch auf gut Glück mit einer Fantasiesumme auf den Markt zu gehen, ist im Normalfall für die Immobilie eher schädlich und führt zu einer schrittweisen Reduktion des ausgeschriebenen Preises.

Fakt ist, dass Sie heute immer noch sehr schöne Preise bei einem Wohnungsverkauf erzielen, auch wenn die Spekulationsstimmung am Markt definitiv vorbei ist. Wie in allen Märkten ist es eine Frage des Timings. Und wenn man den Peak verpasst hat, muss man den Preis nach unten anpassen.

 

Meine Tipps zum Wohnungsverkauf

Zusammenfassend meine Tipps an Eigentümer, die Ihre Wohnung heute verkaufen möchten:

  • Preise wie im Winter 2022 können derzeit bei Standardimmobilien nicht mehr realisiert werden.
  • Lassen Sie sich bei Ihrer Preiserwartung nicht von den teilweise überhöhten Insertionen irritieren. Es kommt nicht darauf an, zu welchem Preis eine Wohnung inseriert ist, sondern zu welchem Preis sie letztendlich verkauft wird.
  • Auch wenn im Moment eine gewisse Zurückhaltung bei den Käufern besteht, so können mit sinnvoller und marktfähiger Verkaufspreisgestaltung noch immer schöne Gewinne erzielt werden.

Persönlich empfinde ich die Situation gerade als sehr spannend, komplex und herausfordernd. Vielleicht ist die Lage sogar noch vielschichtiger als damals nach der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im Jahr 2012. Aber wie immer in sich verändernden Märkten gilt es, geduldig Ruhe zu bewahren, die Situation genau zu beobachten und realistische Erwartungen zu haben.

Ihr MJF