Curvér
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Kurz nach meiner Rückkehr reichten zwei langjährige Mitarbeitende ihre Kündigung ein. Da wir ein freundschaftliches Verhältnis pflegen, wollte ich natürlich auch detaillierter wissen, was die Gründe für diese unerwarteten Kündigungen waren. Dazu aber später mehr…
Damit man meine nachfolgenden Schlussfolgerungen nachvollziehen kann, gilt es vorgängig auch noch diese Vorkommnisse zu verstehen: Von März bis Juni wurden wir von vier etablierten Immobilienverwaltungsgesellschaften kontaktiert und angefragt, ob wir ihr gesamtes Portefeuille der Immobilienverwaltungen in Mittelbünden im Paket übernehmen wollen.
Im Gespräch mit den verantwortlichen Inhabern und Geschäftsführern wurden die Übernahmeangebote damit begründet, dass einerseits langjährige Mitarbeitende mittlerweile pensioniert sind und keine neuen Mitarbeitenden gefunden werden konnten. Wurden doch welche gefunden, hätten diese nach kurzer Zeit den Job wieder gekündigt.
Auch waren sie der Meinung, dass aufgrund der zunehmenden Komplexität in der Immobilienverwaltung, z. B. im Energie- und Wärmebereich, ihre Verwalter nicht mehr in der Lage seien, die gleiche Anzahl an Stockwerkeigentümergemeinschaften (StWEG) zu betreuen wie früher. Heute vermag ein Verwalter im Vergleich zu vor zehn Jahren nur noch rund 70 % der StWEG zu bewältigen.
Auch wir bei der Curvér AG erleben in den letzten Jahren eine starke Fluktuation im Team. Interessanterweise eigentlich ausschliesslich in der Verwaltung von Stockwerkeigentum. In den Geschäftsfeldern Treuhand und Verkauf hatten wir schon länger keine Austritte mehr, von ordentlichen Pensionierungen mal abgesehen. Zudem stellen wir fest, dass sich auf unsere Stellenausschreibungen für Immobilienverwalter kaum Kandidatinnen oder Kandidaten melden. Was uns zu zurück meiner abgebrochenen Einleitung führt. Ich habe meine Mitarbeitenden gefragt, weshalb Sie kündigen:
Sie sind der Meinung, dass die Komplexität der Eigentumsverwaltung stark zugenommen hat. Dies aufgrund technischer Themen wie z. B. Elektro-Ladestationen, Glasfasererschliessungen, energetische Fragestellungen oder aufgrund rechtlicher Aspekte. Oder etwa durch das zunehmende Alter der klassischen Ferienwohnungsüberbauungen aus den 70er- und 80er-Jahren, die mittlerweile viel mehr Sanierungen und Renovationen bedürfen.
Die Arbeitszeiten und -belastungen durch die regelmässigen Eigentümerversammlungen an Freitagabenden, an Samstagen und zwischen Weihnachten und Neujahr sowie die absoluten Spitzenlasten in den Wintermonaten werden von der neuen Generation von Mitarbeitenden als absolut unattraktiv empfunden.
Die Erwartungshaltung der Eigentümer sei in den vergangenen Jahren laufend und massgeblich gestiegen und der Umgang sowie die Tonalität im Verwaltungsgeschäft habe sich deutlich verschärft. Meine Mitarbeitenden sind der Meinung, dass sich dabei die gesellschaftliche Entwicklung –Stichwort «Wutbürgertum» – auch bei den StWEG beobachten lässt.
Da ich heute nicht mehr im Tagesgeschäft der Immobilienverwaltung tätig bin, kann ich gewisse Punkte nachvollziehen und andere weniger. Ein Punkt, der von den Mitarbeitenden sicher nicht eingebracht wird, ist die Tatsache, dass die Belastbarkeit heute im Allgemeinen auch bei den Mitarbeitenden abgenommen hat.
Nun, sei es wie es wolle. Warum schreibe ich diese Gedanken in einem Blog nieder? Weil wir als grösster Anbieter von Verwaltungsdienstleistungen in Mittelbünden mit rund 180 betreuten StWEG mehr gefordert sind denn je. Als ich die Curvér AG übernommen hatte, waren wir in der Region sieben Verwaltungsdienstleister. Heute sind es noch deren drei. Diejenigen StWEG, die nicht lokal betreut werden wollten, konnten bisher nach Chur ausweichen. Anscheinend fällt jedoch auch diese Option nun in absehbarer Zeit weg und zwei der noch verbleibenden Mitbewerber hier in der Region werden in den nächsten vier bis fünf Jahren pensioniert.
Für uns wäre das also eigentlich das Eldorado: haufenweise Stockwerkeigentümergemeinschaften, die eine neue Verwaltung suchen und keine – oder fast keine – Mitbewerber mehr! Das Problem an der Geschichte ist aber, dass auch wir vom Mitarbeitermangel betroffen sind. Dies wiederum bedeutet, dass wir in der Immobilienverwaltung unsere Geschäftstätigkeit in Form folgender Schritte anpassen müssen:
Wir werden neue Offerten ab sofort nach diesen Kriterien verfassen und unsere bestehenden Verwaltungskunden, die von Anpassungen betroffen sind, schrittweise informieren.
Es ist uns bewusst, dass das Verwaltungsgeschäft bei der Curvér AG – und nicht nur bei uns – während Jahrzenten gleich betrieben wurde. Die nun anstehenden Veränderungen werden teilweise massgeblich sein und nicht von allen Kunden als wünschenswert erachtet werden. Die Erfahrung der letzten vier bis fünf Jahre zeigt aber auch, dass sich die Verwaltungstätigkeit geändert hat und diesem Umstand Rechnung getragen werden muss. Die Zeiten, in denen der gleiche Verwalter Jahrzehnte eine Eigentümergemeinschaft betreut hat, sind vermutlich ebenfalls vorbei und wir müssen auch hier einsehen, dass z. B. Wochenendversammlungen der Vergangenheit angehören. Auch wird der Job des Verwalters zukünftig nicht mehr von einer Person ausgeführt werden, sondern vermutlich werden sich je ein administrativer und ein technischer Verwalter die Aufgaben teilen.
Es wird sich weisen, ob diese Veränderungen dazu beitragen, dass sich wieder vermehrt Mitarbeitende für die Arbeit in der Verwaltung von Stockwerkeigentümergemeinschaften begeistern lassen und das Berufsfeld das aktuelle Stiefkind-Dasein wieder verlassen kann.
Ich bin gespannt, wie sich die Transformation dieses Geschäftsfelds umsetzen lässt und ob sie für alle Beteiligten den gewünschten Erfolgt bringt. In diesem Sinne und frei nach Winston Churchill: «Veränderung bedeutet nicht immer Verbesserung, aber um zu verbessern, muss man sich verändern».
Ihr MJF
Inhaber, Immobilienverkauf und Immobilienentwicklung